Was für eine lange Zeit- ein Vierteljahrhundert... Es bewegen mich sehr viele Gedanken in diesen Tagen. Zunächst herzlichen Dank den vielen Gratulanten!
Mein kleiner Bruder schrieb, im öffentlichen Dienst bekomme man einen Tag Sonderurlaub und 300 Euro brutto zu solch einem Anlass.
Meine große Schwester meinte, es war die absolut richtige Entscheidung damals.
Zu Herzen gehende Worte konnte ich lesen und ganz viele Wünsche für ein gutes Durchhaltevermögen weiterhin annehmen.
Kurz vor Weihnachten habe ich einen super Leitartikel von Dr. med. Michael Pieper in der Zeitschrift "Orthopädie und Rheuma" gelesen. Die Zeitschrift ist nämlich 20 Jahre alt geworden und hat dieselben Stürme in der Gesundheitspolitik miterlebt wie meine Praxis. Ich nehme mir die Freiheit, im Folgenden einige Sätze zu zitieren.
Wir sahen sechs Gesundheitsminister kommen und fünf davon wieder gehen.
In dem eifrigen Bemühen, die GKV- Ausgaben den Einnahmen anzupassen und unter dem Diktat der Lohnnebenkostensenkung übertrumpften sie sich gegenseitig.
Ein Sparmaßnahmenkatalog jagte den nächsten.
Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz 1993 hielt der Wettbewerb Einzug in das Gesundheitswesen.
1997 wurde unter anderem die freie Wahl der Krankenkasse für alle Versicherten eingeführt, ebenso die Budgetierung sowie die Zuzahlung für Heil- und Hilfsmittel.
Praxisbudgets reglementierten seit dem 01. Juli 1997 die Gestaltung der ambulanten Versorgung.
Mit der Einführung der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) 2003 begann endgültig das Zeitalter der ökonomischen Vergewaltigung therapeutischer Entscheidungen in der Medizin.
Die Überreste klinischer Erfahrung werden durch evidenzbasierte Leitlinien geschurigelt. Abweichungen von Leitlinien werden nur zu gern von der Jurisprudenz als Behandlungsfehler geahndet.
Patientengespräche sollen auf Augenhöhe erfolgen. War es bisher schon schwierig, im Meer des internetbasierten Halbwissens eine Verständigungsinsel zu finden, die eine verbale Kommunikation mit dem Patienten erlaubte, so wird diese nach Einführung des iPhone (2007) wohl zeitgemäß nur noch elektronisch erfolgen.
Demagogen in Politik und Medien haben Ärzte zu Dienstleistern degradiert, die den Erwartungen ihrer Kunden (früher: Patienten) zu dienen haben.
Da werden Notfallambulanzen gestürmt, Ärzte aggressiv in Wort und Tat bedrängt und es wird mit maßlosen Forderungen das Solidaritätsprinzip skrupellos ausgebeutet.
Horst Seehofer hat es mal auf den Punkt gebracht: "Der Egoismus in Deutschland ist größer und brutaler als ich mir das je vorgestellt habe."
Und das war bereits 1997!
Kommen wir mit eigenen Worten zurück zur eigenen kleinen Praxis.
Die ersten drei Jahre waren schön. Es herrschte noch die Aufbruchstimmung nach der Wende.
Bereits 1996 habe ich den Glauben an dieses Gesundheitssystem verloren. Ich hatte die erste Wirtschaftlichkeitsprüfung Heilmittel und musste mich elendig rechtfertigen.
1999 habe ich mit der Akupunkturausbildung begonnen und viele Prüfungen bestehen müssen. Auch weiterhin muss ich hier ständig am Ball bleiben und vier Fortbildungen im Jahr belegen.
Das wissenschaftlich fundierte EUSANA- Abnehmprogramm ist seit 2001 fester Therapiestützpfeiler unserer Praxis und wir haben damit sehr vielen Patienten im Kampf gegen ungeliebte Pfunde geholfen. Seitdem verschicken wir auch unsere Gesundheitsbriefe an interessierte Patienten.
2004 wurde die elendige Praxisgebühr eingeführt, die uns und den Patienten 9 Jahre lang das Leben wirklich unnötig schwergemacht hat. Es ist nicht zu fassen, welchen Schwachsinn Politiker uns schon angetan haben!
Zwischenzeitlich haben wir unsere Praxissoftware von Medistar auf Turbomed umgestellt, was damals auch eine erhebliche Arbeitsmehrbelastung auslöste.
2008 haben wir bei laufendem Betrieb die Praxis modernisiert, das war wirklich eine Meisterleistung!
2011 waren wir bei 25. 000 Patienten angekommen.
2012 wurde zweimal in die Praxis eingebrochen. Der Täter wurde gefasst und ich konnte einige Sachen bei der Polizei abholen, nachdem ich sie auf einem Zeitungsfoto erkannt hatte. Seitdem weiß ich, dass ein Einbruch eine große seelische Verletzung sein kann. Die ERGO hat mir daraufhin den Vertrag gekündigt. War auch sehr gemein!
2013 haben wir mit einer Staffel namens "20 Jahre Praxis Dr. Höfert" am Nachtstaffellauf in Potsdam teilgenommen, 2015 nochmals, dann schon mit zwei Staffeln. Es hat großen Spaß gemacht und war vielleicht noch nicht das letzte Mal?
Den 30. 000 Patienten begrüßten wir am 25. April 2017.
Mit dem heutigen Tag, 01. Februar 2018, haben wir 30 660 Patienten in unserer "Kartei".
Seit genau 10 Jahren ist Frau Christine Hauschild in der Praxis und seit 9 Jahren Frau Cindy Lüllwitz. Wie jeden Tag feststellbar ist und auch von vielen Patienten bemerkt wird - wir sind ein gutes Team! Sozusagen eine familiäre Praxis.
Vor knapp zwei Jahren haben wir die Kernspinresonanztherapie eingeführt, als erste Praxis in Potsdam und Umgebung. Das war eine sehr gute Entscheidung für die konservative Therapie von Arthrose, Osteoporose und Verletzungen.
Seitdem führen wir in regelmäßigen Abständen zu diesem Thema Patienteninformationsveranstaltungen durch.
Ich möchte mich bedanken -
bei meinen Patienten für ihr Vertrauen und ihre z.T. jahrzehntelange Treue,
bei meinen Helferinnen dafür, dass wir uns wortlos verstehen und ich dadurch jeden Tag gerne zur Arbeit komme,
bei meinem lieben Ehemann, der sich von Anfang an um meine Büro- und Steuersachen und viele kleine und größere Reparaturen kümmert,
bei meinen drei wunderbaren Söhnen für ihre Hilfe in all den Jahren und dass sie mit viel Geduld auch nachts und auch in Hotelzimmern Computerprobleme lösen,
bei meinen drei reizenden Schwiegertöchtern, die ihnen wiederum den Rücken dafür freihalten und mir auch bei vielen Dingen mit Rat und Tat zur Seite stehen,
und auch bei all meinen Geschwistern und deren Familien,
meinem großen Freundeskreis und meinen Lieblingskoll(egen)innen für immer offene Ohren und Türen.
Ich danke auch ganz vielen, auch ehemaligen "Oberlinern" für eine Menge Gutes in den letzten 36 Jahren, seitdem ich hier bin, und allen Freunden und Unterstützern der Praxis.
Ein herzlicher Dank geht auch an die EUSANA GmbH & Co. KG in Bad Münder für Begleitung und Beratung bei Gesundheits- und Praxisorganisationsfragen über 17 Jahre hinweg und an die MEDTEC Medizintechnik GmbH in Wetzlar für die Einführung und Unterstützung bei der innovativen Kernspinresonanztherapie.
Ausblick: Trotz Antikorruptionsgesetz, trotz EU- DSGVO ab 25.05.2018, trotz eines wieder neuen Gesundheitsministers mit vermutlich wieder neuen tollen Ideen, trotz des Gewürges der Telematikinfrastruktur, trotz vieler anderer zu erwartender bürokratischer Monster der nächsten Jahre, trotz eines laufenden Arzneimittelregresses - ich habe auf alle Fälle den 30. Praxisgeburtstag im Visier...
Dr. med. Petra Höfert
01. Februar 2018